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  1. Jun 2022
    1. Technikhistorisch betrachtet ver‐läuft die Entwicklung von technischen Objekten von daher genauso transduktiv, wie die Kristallisati‐on im Kleinen oder die Entstehung der Arten im Großen. Jede neue strukturelle Schicht führt zu einerVeränderung der Funktionsweise innerhalb des Systems, das, um existenzfähig zu sein, eine gewisseStabilität erreichen muss. Wie die Entwicklungslinie der Diode über die Triode zur Tetrode von daherzeigt, ist die Konkretisation Ausdruck einer transduktiven technikhistorischen Entwicklung der Elek‐tronenröhre (vgl. Ebd., S. 60–75)

      Ich würde über diese Entwicklung mit Latour sagen, dass hier Handlungsprogramme aufeinander einwirken und sich durch die reziproken Präskriptionen, die Inskriptionen werden können, gegenseitig beeinflussen und verändern. Am Beispiel des Türschließers kann man das zeigen. Kristallisation bzw. Transduktion könnte dahingehend eine Bezeichnung für das sein, was Latour Stabilisation nennt (hat er noch einen anderen Begriff?).

    2. In der Hinsicht ist auch das Psychische nichts anderes als eine neue Umstrukturierung innerhalb desLebendigen, das sich weiterhin individualisiert. Die Psyche stellt eine Ausdehnung des Lebens dar,sodass mit ihrer Ausbildung gleichzeitig ihre Relation zum Körper als reziprokes, psychosomatischesVerhältnis auftaucht.

      Sau spannender Gedanke.

      Ist Emergenz dann eine Art von Transduktion? Und wenn die virtuelle Realität des Internets analog zum Geldschein auf den Serverstrukturen emergiert, wie das Geld auf dem bedruckten Papier mit Silberstreifen, ist das dann ein reziprokes Verhältnis? Um reziprok zu sein, müsste der Prozess des Geldes auf die Beschaffenheit des Prozesses des Scheins zurückwirken bzw. der Prozess des Internets auf den Prozess der Serverstrukturen usw, auf denen es emergiert.

    3. Bei der Kristallisation gibt es zunächst ein sich in einem amorphen und metastabilen Zustand befin‐dendes Kristallwasser. Entsteht in diesem Kristallwasser spontan oder von außen durch künstlicheHinzufügung ein Kristallkeim, so beginnt sich, das amorphe System zu kristallisieren. Jede neueStrukturierung an Molekülen dient dabei wiederum als Keim für die nächste Schicht sich strukturie‐render Moleküle. Weil die Kristallisation also Schicht für Schicht wächst und somit von einem Zu‐stand in den nächsten überleitet, nennt Simondon diesen Prozess auch noch Transduktion (vgl. Si‐mondon 2013, S. 67–97).