die Werkzeuge verstanden und genutzt werden, die der Menschheit durch ihre gesamte Geschichte zur Verfügung standen
Ich will deine Analyse auf gar keinen Fall besserwisserisch kritisieren. Ich kann alle Aussagen unterschreiben, und ich habe Grund, an meinen eigenen Kategorien und an meiner politischen und sozialen Analysefähigkeit zu zweifeln. Meine Einwände—eher Vorschläge, weiter zu gehen—sind:
- Klammerst du nicht Machtfragen aus, die für die epistemic crisis, von der du ausgehst entscheidend sind? Hinter Trump, dem Brexit und der Propaganda für sie stehen Interessengruppen und Individuen, wie die Koch-Brüder und Rupert Murdoch.
- Sind Aufklärung, Wissen und Technologie einheitliche Phänomene, oder gehören sie nicht zu sehr unterschiedlichen konkreten Konstellationen? Kann man nicht z.B. daran zweifeln, dass die Entwicklung der sozialen Medien tatsächlich im Sinne der Aufklärung verlief? Sollte man nicht eher konkrete working anarchies, demokratische Formen der Kooperation wie in den Wissenschaften oder im offenen Netz verteidigen statt abstrakt für Rationalität und Aufklärung als solche einzutreten?
- Sind die ökologischen Krisen, die great acceleration und die globale Ungerechtigkeit nicht auch Ursachen für die epistemic crisis? Betreibt etwas Trump oder die Gruppe, deren Interessen er vertritt, nicht vielleicht deshalb eine wissenschaftsfeindliche Politik, weil wissenschaftliche Ergebnisse klar zeigen, dass diese Machtgruppen die Menschheit in eine Existenzgruppe führen?
Zusammengefasst ich würde Aufklärung und Wissenschaft als etwas Lokaleres und Bestimmteres verstehen, verbunden mit Interessen und politischen Strukturen, und ich sehe die epistemische Krise als Komponente von Machtkämpfen—Machtkämpfen zwischen den Eliten, aber auch zwischen Eliten und den Interessen anderer Gruppen. Ich will damit aber nicht umgekehrt eine Fragmentierung von Vernunft und Aufklärung betreiben, sondern nur ihre Sozialisierung durch Einbettung in kooperative Strukturen.